50-Jahrfeier der Kirche St. Andreas in Orschel-Hagen
„Hier schwimmt ein Segelschiff!“ waren die Worte des damaligen Pfarrgemeinderates, als die neugebaute katholische Kirche, St. Andreas, im Juni 1969 endlich eingeweiht werden konnte, und so sehen es die Orschel-Hagener bis heute. Sie empfinden das Gotteshaus als „ihr Segelschiff“!
Beim feierlichen Weihejubiläum am Sonntag, den 2. Juni 2019, gab es zum Anlass daher auch ein würdiges Aufgebot.
Alle 4 Chöre und Musikgruppen, die die katholische Pfarrgemeinde und die vietnamesisch-katholische Gemeinde von St. Andreas zu bieten hat auf der Empore und sämtliche zuständige Geistliche – Pfarrer Dietmar Hermann, Pater Hanh, Pfarrer Stanislaw Kosza (Vertretung in den Sommerferien), Diakon Roland Hummler, sowie zahlreiche große und kleine Ministrant*innen füllten den Altarraum.
Die ebenso vielzählig erschienen Gemeindemitglieder waren nicht nur Orschel-Hagener, sondern sie waren auch aus den 7 – zur Pfarrgemeinde gehörenden – Teilortgemeinden, gekommen. Auch von der Pliezhausener Schwestergemeinde der Seelsorgeeinheit Reutlingen-Nord, St. Franziskus, besetzten viele weitere Besucher, so wie einzelne geladene Gäste, die zusätzlich bereitgestellten Stühle im Kirchenraum, der, nach 5 Jahrzehnten bereits, unter Denkmalschutz steht. So erfreute sich die Jubiläumsfeier der geschätzten Anwesenheit von mehr als 500 Festgästen. Es waren nicht ganz so Viele wie damals, bei der Einweihung, am 14. Juni 1969, denn da platzte die, in dieser Zeit, lang ersehnte Kirche – mit 800 Besuchern – wirklich fast aus allen Nähten.
Eine sehr lebendig gestaltete Festpredigt durch Herrn Dekan Hermann Friedl – er mahnte daran „untereinander mehr vom Glauben zu sprechen, am besten von den ganz eigenen persönlichen Glaubenszeugnissen“ – krönte die Jubiläumsmesse. Neben dem Kirchenchor, geleitet durch Herrn Christof Wombacher und dem Chörle, dirigiert durch die Organistin Frau Kornelia Wittek, ertönten auch wunderbare seltener gehörte Klänge von Seiten des Chors der vietnamesischen Gemeinde. Die StA-Band, unter Leitung von Charly Tran, diente zur rhythmischen Untermalung der Gesänge.
Die anschließenden Grußworte, eingeführt durch die gewählte Vorsitzende des amtierenden Kirchengemeinderates, Margret Zeiler, kamen vom neuen Oberbürgermeister Herrn Thomas Keck und dem Ersten Vorsitzenden des evangelischen Kirchengemeinderates, der direkt benachbarten evangelischen Schwesterkirche „Jubilate“, Dr. Martin Willmann sowie Pater Hanh, als Vertreter der vietnamesisch-katholisischen Gemeinde.
Herr Keck, sichtlich berührt von der schönen Feier, betonte, dass der aufragende Turm der Kirche, „als „Segel“-Metapher – damals wie heute – Anregung zu manch theologischer auch säkularer Überlegung gebe. Der eigenwillige Bau von St. Andreas, gebe als religiöse und architektonische Kombination, als bedeutendstes Bauwerk Orschel-Hagens dem modernen Menschen eine Oase der Besinnung – in der Wüste der Baulandschaft – ganz außerhalb des Trends zur Vermassung und Nivellierung, so Keck weiter. Das Gemeindeleben hier im Nordraum blühe aufstrebend. Es sei hier ein Ort des vielfältigen Zusammenhangs erreicht, durch wertvollste Quartiersarbeit. Durch das Miteinander aller Bildungsschichten, aller Altersgruppen und verschiedenster kultureller Herkünfte, habe hier Integration wahrhaft Gestalt angenommen.
Offenbar auch im Hinblick auf die – bereits in Planung befindliche – direkt an die Kirche angrenzende Siedlung Orschel-Hagen-Süd meinte er: Ein Schwund an Gemeindemitgliedern auf der einen Seite, werde durch Zuzug andernorts wieder ausgeglichen.
Gut dass die zeltförmige Kirche mit dem segelartigen Dach vor zwei Jahren, rechtzeitig vor dem Jubiläum noch eigens renoviert wurde, unter anderem alle Glasflächen rundum erneuert, und diesmal – nach ökologischen Kriterien – gut abgedichtet. So haben auch zukünftige Generationen von Gläubigen eine zuverlässige Bleibe.
Dr. Willmann lobte die über 40-jährige harmonische Nachbarschaft, die vielfältigen Kontakte in der ökumenischen Geschwisterschaft mit St. Andreas. Als Nachweis hierfür erwähnte er das Rommelsbacher ökumenische Frauenforum, das zum Fest die Cocktails mixt. Nachdem er auf die Aneinanderreihung von mehreren Jubiläen verwiesen hatte: 2011 feierte Orschel-Hagen selbst, 2017 Jubilate, und schließlich 2019 St. Andreas sein 50-jähriges Bestehen, verlas er den Text des Grundsteins der St. Andreaskirche: „Wir legen diesen Grundstein in der Hoffnung Gott gebe uns die Gelegenheit unsere getrennte Kirche wiederzuvereinigen.“ Seit 1970 gäbe es Bestrebungen für eine engere Ökumene. Es gäbe zwei Kirchen aber einen Gott und einen Jesus Christus. Dies drücke sich im Falle von Jubilate und St. Andreas auch in gemeinsamen Sitzungen der evangelischen und der katholischen KGRs und der Erwachsenenbildung, in der Veranstaltung „Zwei Kirchen, ein Talk“, schließlich in der wechselseitigen Einladung zu den jeweiligen Gottesdiensten, aus. Man sei doch häufig gemeinsam unterwegs, es gäbe also spürbaren Bedarf an einer Verbindung.
Seine Tochter – so fügte er hinzu – habe mit der 3. Klasse der Schillerschule im Jahr 1983 die Aufgabe gehabt die St. Andreaskirche zu beschreiben: „Eine Kirche aus Beton, Stahl und Holz, wie aus Dreiecken gemacht. Eine Seite des Turms hat 55 Meter und die andere Seite hat 51 Meter!“ schrieben die Kinder in ihr Schulheft.
Pater Hanh gratulierte in Vertretung der „vietnamesischen kleine Schwester“, die seit 42 Jahren das „gemeinsamen Haus des Glaubens“ mit der St. Andreasgemeinde teile und mit ihr zusammenlebe. Ursprünglich ganz orientierungs- und heimatlos von den Booten auf dem Meer hierhergekommen, haben seine Landsleute, die „boatpeople“ – inzwischen fast alle deutsch sprechend – in St. Andreas schnell Heimat gefunden.
Es wurden verschiedentlich Jubiläumsgaben überreicht. Eine Geldspende für die Feier selbst, durch Herrn Keck, die Schülerbeschreibung der Kirche in der dritten Klasse von 1983 und zwei ineinander wachsende Orchideen, als Symbol für die beiden befreundeten Gemeinden, die katholische und die vietnamesisch-katholische, die sich die Kirche St. Andreas teilen.
Frau Zeiler lud die Kirchenbesucher am Ende – in Erinnerung an Pfarrer Richard Kappler, der fast 50 Jahre seinen Dienst in der Gemeinde versah – ausdrücklich mit seinen Worten, zum Fest auf der Wiese vor der Kirche bei schönstem Jubiläumswetter, ein: „Essad und trinkad, und schwetzadse mitnander!“
Eine Ehrenamtsaktivitätenausstellung auf Stellwänden am Samstag zu Sehen im Kircheninneren und am Sonntag im, etwas windigen, Außenbereich direkt vor der Kirche – sollte aus gegebenem Anlass – auch einmal ein umfassendes Licht auf alle aktuell existierenden vielseitigen ehrenamtlichen Gruppierungen und Kreise, die die Gemeinde zählt, werfen. Trotz eifrigem Bemühen um Vollständigkeit waren bei den auf den Schautafeln aufgeführten 20 Aktivitäten, noch immer der eine oder andere Kreis nicht aufgeführt. Die noch fehlenden Aktivitäten sollen daher noch nachgereicht werden. Man möge diesen Umstand nachsehen und der hohen Aktivitätsquote in St. Andreas zurechnen. Die Gelegenheit, die – in den kommenden Wochen – noch weiter stehen gelassenen Schautafeln im Kircheninneren anzuschauen, darf gerne genutzt werden! „Ich hab nur einen Kuchen gebacken…“ und deshalb ein ganz schlechtes Gewissen!“ – so eine Festteilnehmer`*in am späteren Nachmittag des Jubiläumstags, als es bereits schon ans fleißige Aufräumen ging. Und dieser Ausruf zeigt beispielhaft deutlich, mit welch ungemein hohem und verlässlichen Engagement die Gemeindemitglieder bei ihrer Jubiläumsfeier dabei waren. – Auf dem Areal der St. Andreaskirche war ja nicht nur am Sonnabend, auch am Sonntag(nach-)mittag – bei strahlendstem Jubiläumswetter – Einiges geboten. Auf der grünen Wiese war ziemlich viel los, über mehrere Stunden! – Ja, auf St. Andreas scheint noch Verlass, hier draußen scheint die Welt noch in Ordnung.
Selfies mit dem Papst das heißt bescheidener, mit seinem lebensgroßen Foto auf Pappe und Schokokussschleudern, bis zum Abwinken, war von den Minis, gemanagt durch die Oberminis, den „Omis“ und dem Jugend- und Gruppenleiter Björn Ohlhorn, auf dem Fest nicht das einzig gebotene Highlight. Die, während der 72-Stunden-Aktion selbstgebauten Insektenhotels wurden vom Team für einen guten Zweck verkauft und die Pfadis hatten ja am Auftaktsonnabend, in ihrer aufgebauten Jurte, ein spannendes Pubquiz veranstaltet, das – rund ums Feuer – die Gemüter bis ziemlich weit in die Nacht hinein erwärmte.
Mal- und Basteltische, Kinderschminke durch den Kindergarten, Gummibärchenspieße durch das Familien-Gottesdienst-Team mit der Kirchengemeinderätin Frau Tanja Ogiermann, erfreute nicht nur die Kinder. Diese durften sich auch, gleichermaßen, wie die Erwachsenen, an den fruchtig-alkoholfreien Cocktails des Rommelsbacher FrauenForums, an Mojitos und Co., an viel Orange, Kiwis und Limetten erfrischen. Beim Kuchenverkauf vom Treff der Frau gab es üppig Kuchen, trotzdem blieb am Ende kein Krümel mehr übrig. Toll war sowieso die vietnamesiche und die schwäbische Kulinarik mit der die zahlreichen Festgäste, in und um die Zelte, zu Mittag den Gaumen verwöhnten.
Vielleicht war man auf einen solchen Ansturm beim Essen doch nicht ganz gefasst, denn es gab lange eine lange Schlange. Aber Charly Tran, der Vertreter des Festausschusses schwärmte auf Rückfrage, dass er und sein Team – gut eingespielt – ohnehin seit Jahren das Gemeindefest gut organisiert kriegen.
Das Aufräumen ab 16h, lief, wie es schien – zwar schon etwas erschöpft – dennoch immer noch am Schnürchen. Gut gespült schien zumindest Alles, als die Meisten gingen. Dahinter verbargen sich die Heinzelmännchen vom Festausschuss.
Ohne den Fleiß a l l e r Beteiligten, auch der bloßen „Festgäste“, die einfach Zupacken, wenn auch mal ungeplant Bedarf ist, ginge bei so einer großen Feier wohl nicht Alles so zahnradartig ineinander. Eine tolle Zusammenarbeit und bestimmt ein gutes Omen für die nächsten 50 Jahre!
Mechthild Betz