Aktuelles über unser Spendenprojekt Bosa in Kolumbien
Nach drei Jahren hatte ich im Januar 2022 endlich wieder die Gelegenheit in Kolumbien di Gemeinde Bosa zu besuchen. Und ich muss zugeben, dass ich erstaunt und tief beeindruckt darüber war, was sich in dieser Zeit – trotz Pandemie – alles zum Positiven verändert hat. Aus einem armen, perspektivlosen Viertel im Süden Bogotas, in dem die Menschen inmitten von Angst und Unsicherheit lebten, hat sich durch das Wirken der Mariannhiller Missionare ein Ort der Hoffnung entwickelt. Bei meinem ersten Besuch vor etwa 10 Jahren war die katholische Kirche in Bosa so gut wie gar nicht vertreten, es gab weder einen zuständigen Priester, noch eine Kirche, auch kein Gemeindehaus und kein Pfarrhaus.
Pater David Fernandez CMM wurde dieser „vergessene“ Ort von der Erzdiözese Bogota zugewiesen. Mit viel Geduld, Durchhaltevermögen und Engagement schaffte er es in Bosa, wo die meisten Menschen unfreiwillig aufgrund von Zwangsvertreibung landeten und perspektivlos waren und wo niemand freiwillig leben möchte, ein Missionszentrum aufzubauen, das zwischenzeitlich nicht mehr wegzudenken ist.
Anfangs bestand die Gemeinde aus weniger Mitgliedern und da es keinen anderen Raum gab, fanden in den ersten Jahren die sonntäglichen Messen im Obergeschoss eines Einkaufzentrums, dort wo sich die Fastfood-Ketten befinden, statt. Die Gemeinde wuchs beständig an, in der Zwischenzeit zählt sie 120 000 Mitglieder.
Pater David und sein Team konnten 2017 mit Hilfe von Adveniat ein Haus mit Kirche bauen, das zu einem ganz besonderen Gemeindezentrum wurde.
Hier können sich zum einen ältere Menschen treffen, damit sie mit den Traumata des Krieges und ihrer Vertreibung fertig werden und zum anderen finden Kinder nach der Schule auch einen Ort, an dem sie vor den Gefahren der Straßen sicher sind. Auch Kolumbianer mit afrikanischen Wurzeln haben dort einen Platz, wo sie sich begegnen und austauschen können und vermehrt bietet er auch Flüchtlingen aus Venezuela eine Anlaufstelle. Dieses Gebäude gab dem ganzen Viertel ein neues Gesicht. In der langen Zeit der Pandemie werden dort unzählige Essenspakete von Freiwilligen gepackt und später an mehr als 140 Familien verteilt, die durch den Verlust ihrer Arbeitsplätze noch ärmer geworden sind.
Es war von zentraler Bedeutung unter den Gemeindemitgliedern ein Gemeinschaftsgefühl und Vertrauen zu schaffen. In Bosa leben sehr viel junge Menschen, die aufgrund fehlender finanzieller Mittel und mangelnder Bildung wenig Zukunftsperspektiven haben. Pater David hat mit dem Gemeinderat und den sozialen und politischen Behörden des Viertels zusammengearbeitet, um Räume für Sportanlagen zu schaffen und mit konkretere Aktionen nach und nach den Frieden und die Ruhe wiederherzustellen, die seit jeher von Drogenbanden und Kriminalität gestört war.
Es war wichtig, diesen jungen Menschen eine Perspektive zu geben und so rief er verschieden Projekte für sie ins Leben, z.B. werden in einem dieser Projekte in Zusammenarbeit mit der Stiftung Chevrolet Jugendliche ausgebildet und auf ein Berufsleben in der Automobilindustrie vorbereitet. Ein weiteres Projekt, das mich stark beeindruckte ist die Musikschule, die nach der Suzuki-Methode arbeitet. Es handelt sich hierbei um ein musikpädagogisches Konzept, das auf den japanischen Geiger und Pädagogen Suzuki Shinichi (1898–1998) zurückgeht.
Mit Musik sollen die Kinder und Jugendlichen des Viertels (die meisten kommen mit Blockaden und psychischen Problemen) einerseits Spannung und Druck abbauen, aber auch eine bessere Lebensperspektive bekommen. Gleichzeitig bereichern sie durch die erlernten musikalischen Kompetenzen das Leben der Kirchengemeinde. Unter den jungen Musikern sind einige sehr talentiert und so werden die Gottesdienste, Prozessionen und andere kirchliche Feierlichkeiten musikalisch wunderbar aufgewertet. Jedes Jahr beginnt ein neuer Musikkurs mit etwa 15 Kindern. Die Herausforderung besteht darin, sie mit den nötigen Musikinstrumenten auszustatten. Zur Finanzierung der Kosten ist die Missionsgemeinschaft auf die finanzielle Unterstützung der internationalen Gemeinschaften angewiesen.
Nachdem ich drei Tage mit P. David und seinem Team in Bosa verbringen durfte, konnte ich erleben, dass die materiellen Bedürfnisse jetzt in Zeiten der Krise noch größer geworden sind, dass es aber in der Gemeinde mehr Vertrauen, Hoffnung und Solidarität gibt. Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich. Ich soll Ihnen allen von der Kirchengemeinde in Kolumbien herzliche Grüße ausrichten.
Für Fragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.
Ihr Diakon Esteban Rojas