Wie gläubig muss der Komponist eines REQUIEM sein?

Keine banale Frage, denn das „Libretto“, die liturgische Form des Musikdramas, steht schließlich seit dem Mittelalter als „Missa pro defunctis“, 1570 im Missale kanonisiert, mehr oder weniger fest, wie Dr. Dominik Abel von der katholisch-theologischen Fakultät Tübingen in seiner Einführung im Franziskussaal am 23.10. ausführte. Das REQUIEM AETERNAM ist das zweite Element im Dreiklang einer Totenmesse und verbindet ritualisiert den jeweiligen Tod eines Menschen mit dem Geschick von Jesus Christus.
Das innere Spannungsgefüge wird durch die Eingangssequenz REQUIEM AETERNAM aufgebaut, hat seinen Höhepunkt mit dem Hymnus DIES IRAE (Tag des Zorns) über das Jüngste Gericht und endet hoffnungsfroh mit der COMMUNIO als LUX AETERNA (das ewige Licht wird leuchten).
Von dieser liturgischen Form hat sich das REQUIEM musikalisch zum Teil emanzipiert. Seine biblisch-christliche Kernbotschaft der Heilsverkündigung ist aber dieselbe geblieben. Allerdings kommt traditionellerweise vor der „Gemeinschaft der Heiligen“ bei Gott das Jüngste Gericht, und diese Angst einflößenden Sequenzen haben dem Komponisten Rahn schon als jungem Menschen zu schaffen gemacht. Das zweite, was ihn störte, war der exklusive Heilsanspruch mancher Christen: Ist der Himmel nur für Christen? Und wissen wir denn wirklich, was im und nach dem Tod passiert?
Die Schlussfolgerung des Komponisten Rahn? Er komponiert ein mutmachendes tröstliches Requiem, eine „symphonische“ versöhnliche Musik des Heils in einer christlichen Textfassung, die Anders-oder Nichtgläubige nicht ausschließt, ein überkonfessionelles Musikstück ohne „kirchenpädagogische“ Absicht, – zum Andenken an seinen Vater, der ihn zu diesem großen Wurf noch kurz vor seinem Tod ermutigt hatte.
Die Sprache der Vulgata, Latein, wird beibehalten, der Psalm 21 und die Offenbarung des Johannes, 21, 1 und 21, 3-4 werden hinzugefügt unter Entfernung aller Angst einflößenden Passagen, und das Requiem wird beschlossen durch das Vaterunser. Und in einer schlicht gehaltenen Fuge schließt das Amen den Kreis zum Kyrie. 

Die beiden nächsten Aufführungstermine in Reutlingen sind am: 23.11. und 24. 11. in der Kreuzkirche und der Hohbuchkirche.
Angela Madaus

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