Ich bitte nicht um Wunder und Visionen, Herr,
sondern um die Kraft für den Alltag.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.
Antoine de Saint-Exupéry
Wo kann man diese Kunst des Bewegens besser üben als beim Wandern oder Pilgern mit Weggefährten? So folgten wieder beachtliche 38 Wanderer der Einladung Pfarrer Hermanns und machten sich am 2. Februar auf den Weg, der sie bei sonnigem Wetter von Walddorf über Giebel nach Altenburg führte.
Auf halbem Wege, nämlich in Rübgarten, war als Zwischenstation ein kulturhistorisches Highlight vorgesehen, das sich seit 1512 unverändert an derselben Stelle in der evangelischen Pfarrkirche befindet: ein gotischer Flügelaltar. Man reibt sich die Augen und fragt: Wie kommt denn ein solcher Kunstschatz in das kleine unbedeutende Dorf Rübgarten? Dr. Thomas Leyener versuchte über einen historischen Exkurs eine Erklärung. Über 600 Jahre lang hatten die Rübgarter sieben Ortsherrschaften zu erdulden, denen sie Frondienste zu leisten hatten und die den Ort und seine Bewohner nur unter dem Aspekt des Nutzens betrachteten. Zwei Herrschaften allerdings hoben sich positiv ab, zunächst die Herren von Wildenau, die ab 1232 bis zum Ende des dreißigjährigen Krieges 1648 die Herrschaft innehatten. Diese pflegten enge Kontakte zum Kloster Bebenhausen (sie wurden auch dort bestattet), weshalb es vermutlich im 15. Jhdt. zum Bau einer Kapelle – mit dem Flügelaltar – kam. Die Rübgarter leisteten auch Abgaben an Bebenhausen. Kirchenrechtlich gehörten sie jedoch zu Weil im Schönbuch; dorthin mussten sie zum Gottesdienst und dort wurden auch ihre Toten beerdigt. Angesichts der Entfernung ein unbefriedigender Zustand. Deshalb versuchten sie, ein eigenständiges Kirchenrecht zu bekommen, was ihnen jedoch nie gelungen ist. Mit der Herrschaft derer von Kniestedt begann dann 1706 eine glücklichere Zeit. Diese machten sich um die Infrastruktur des Ortes verdient, erließen eine Satzung und unterstützten die Bestrebungen für eine Pfarrkirche, die der Besitz des kostbaren Flügelaltars natürlich aufwertete, sodass sie schließlich das Pfarrrecht erlangten, allerdings in Abhängigkeit von Walddorf. 1811 wurde dann die jetzige Kirche gebaut. Ihr Kleinod ist besagter Flügelaltar, dessen Bildhauerarbeiten von Niclas Weckmann aus Ulm stammen. Die Figuren zeigen von links nach rechts die heilige Barbara, den heiligen Wendelin als Schutzheiligen des Viehs, Maria mit dem Kind, den heiligen Jakobus mit der Muschel und die heilige Ottilie. Hans Syrer hat die Außenflächen des Altars mit einer Verkündigungsszene bemalt. Ein weiteres wertvolles Kunstwerk ist die barocke Kanzel. Ursprünglich war sie in der katholischen Pfarrkirche in Ammern bei Tübingen. Diese wurde nach der Säkularisation aufgelöst und die Kanzel kam als Geschenk nach Rübgarten.
Angela Madaus